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Gemeinsame Pressemitteilung der Fachgruppe Informatik und Ethik der Gesellschaft für Informatik (GI e.V.) und des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF e.V.) zum Ermittlungsverfahren gegen netzpolitik.org

Die Fachgruppe Informatik und Ethik der Gesellschaft für Informatik (@gewissensbits) und das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (fiff.de) missbilligen das juristische Vorgehen von Verfassungsschutz, Generalbundesanwalt und Bundesjustizministerium gegen ein Presseorgan. Sie fordern klare Stellungnahmen und Positionierungen von allen Regierungsministerien. Die Mitglieder beider Vereinigungen sehen sich verpflichtet, allgemeine moralische Prinzipien, wie sie in der Allgemeinen Deklaration der Menschenrechte formuliert sind, zu wahren. Zu diesen essentiellen Rechten gehören die Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Freiheit, mit Zivilcourage gegen offenkundige Missstände einzutreten. »Die Geschichtsvergessenheit ist mit das Erschreckendste am Verfahren gegen netzpolitik.org«, empört sich der Sprecher der GI-Fachgruppe Informatik und Ethik, Stefan Ullrich. »Als die Wochenzeitschrift Weltbühne die heimliche, rechtswidrige Aufrüstung der Deutschen Luftwaffe 1929 öffentlich machte, wurden Herausgeber und Informanten wegen Landesverrats verurteilt. Nun erleben wir, wie mit der Berichterstattung an einem heimlichen, moralisch fragwürdigen Wettrüsten im Cyberspace umgegangen wird: Mit einer Ermittlung wegen Landesverrats.«

Die Informationsgesellschaft erwartet von Informatikerinnen und Informatikern, eine ihrer Gestaltungsmacht angemessene individuelle und gemeinschaftliche Verantwortung zu tragen. Für die Herausbildung der dazu notwendigen Urteilkraft jedoch ist eine unabhängige, engagierte Presse unabdingbar, eine Presse, die schon längst nicht mehr mit Bleilettern hantiert, sondern vorwiegend digitale Medien nutzt. Das FIfF-Vorstandsmitglied Rainer Rehak kritisiert: »Die Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme wird systematisch und mit voller Absicht von geheim operierenden Diensten im Auftrag verschiedener Staaten unterminiert; doch nicht gegen die für die Grundrechtsverletzungen Verantwortlichen, sondern gegen die darüber berichtenden Journalisten wird ermittelt.«

Das Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts wurde aufgrund der Berichterstattung von netzpolitik.org angestoßen, die wir hier prominent noch einmal verlinken wollen:

(Die von netzpolitik veröffentlichten Dokumente werden unter http://landesverrat.org/ gespiegelt.)

Die Fachgruppe Informatik und Ethik der Gesellschaft für Informatik und das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung rufen die politisch Verantwortlichen zur Raison sowie ihre Mitglieder zur erneuten Lektüre der höchstrichterlichen Grundsatzurteile auf.

Berlin, den 3. August 2015

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